Vollmundig hat Microsoft im März 2023 „Copilot“ angekündigt. Eine hauseigene KI, die Windows-Usern einen Haufen lästiger Arbeit abnimmt – so lässt sich in aller Kürze das Ziel beschreiben.

Hat Microsoft Wort gehalten? Ist es möglich, repetitive Aufgaben an die KI auszulagern und zu automatisieren?
Wir werfen einen Blick auf den aktuellen Stand von Microsoft Copilot und ziehen ein Zwischenfazit.

 

Der Weg zu Copilot

Microsoft hat es uns nicht leicht gemacht. Schon im Vorfeld des Releases wurden wir als User zunächst nur spärlich mit neuen Infos versorgt, und als der Copilot im Herbst 2023 weltweit ausgerollt wurde, waren EU-Länder zunächst außen vor – Grund war das EU-Wettbewerbsrecht. Nachdem wir schon auf März 2024 vertröstet wurden, bekamen wir unsere volle Dosis Microsoft KI dann doch schon im Januar. Zumindest teilweise. Das Aufbuchen und Freischalten für Microsoft 365 Business zeigte sich als eher anspruchsvoll. Auf die Preisgestaltung kommen wir am Ende unserer Betrachtung noch zu sprechen, aber seid versichert: Der Wahnsinn hat Methode!

 

Word

Wer ChatGPT schon kennt, wird bei Copilot für Word wenig Neues finden. Textgenerierung war der erste USP, den OpenAI mit ChatGPT vermarktet hat. Wer sich in den Tagen seit Release mit dem Chat Bot beschäftigte, den wird so bald nicht mehr viel schrecken, das in die Richtung Generierung von Texten geht. Selbstverständlich bleiben KI-Texte nach wie vor oberflächlich. Niemand kann erwarten, einen fertigen, veröffentlichungsfähigen Text auf Knopfdruck zu erhalten, der überdurchschnittlichen Ansprüchen genügt.

 

Excel und Power BI

Große Hoffnungen haben wir in Excel gesetzt. Ein KI-Assistent, der Auswertungen erstellt, Tabellen formatiert und Zusammenhänge in den Daten findet, die uns bisher verborgen blieben? Count us in! Besonders mit unserem Fokus auf Power BI als Weiterentwicklung von Excel schien dies mehr als interessant. In Excel wird vorgearbeitet und in Power BI visualisiert und analysiert – die perfekte Symbiose.

Leider zeigt sich der Excel Copilot nicht ganz so formvollendet. Er beweist zwar, dass er mit Daten umgehen und sie visualisieren kann; bei größeren Datenmengen wird es allerdings kritisch. Die Qualität der Ergebnisse ist allenfalls ein Schritt, von dem aus wir tiefer einsteigen können. Analyseergebnisse und Antworten auf Fragen fallen oberflächlich und allgemein aus. Natürlich müssen wir uns immer fragen, was wir eigentlich erwartet haben. Eine KI, die schlauer ist als wir selbst und uns unsere wesentliche Arbeit abnimmt? Wohl kaum.

 

Power Point

Die Marketingvideos, die Microsoft vor Release veröffentlicht hat, zeichneten eine Zukunft, in der die Erstellung von Präsentationen nur noch reine Formsachen wären. Eine Liste mit Stichpunkten, ein paar Designwünsche, ein Klick und ab die Post. Mit diesem Szenario hätte man wohl tausende von Praktikantinnen und Praktikanten auf einen Schlag arbeitslos gemacht – wenn der Plan aufgegangen wäre. Wir nehmen es vorweg: Er ist nicht aufgegangen. Der Copilot in Power Point hat zwei Schwächen, die sich seit Anbeginn der KI-Zeit durch sämtliche Produkte ziehen.
Oberflächlichkeit: Die generierten Präsentationen wirken nicht nur generisch, sie sind es auch. Ausgefeilte, individuelle und auf die persönlichen Anforderungen abgestimmte Folien darf man auch hier nicht erwarten. Noch schlimmer ist allerdings die zweite Schwäche.
Halluzinationen: Der Copilot macht hier genau das gleiche, was ChatGPT macht, wenn es etwas nicht weiß. Er erfindet einfach etwas. Selbstredend ist dies ein großes Problem, das von uns jederzeit eine Überprüfung der Antworten erfordert und zeigt, dass toolübergreifend bisher noch keine Anhebung der Antwortqualität in Hinblick auf Faktentreue erzielt werden konnte.

 

Preis

Ein geschäftliches Copilot-Abonnement kostet aktuell gerechnet auf einen Monat 22 Euro. Wir drücken dies bewusst so aus, denn: Es ist in dem Fall nicht möglich, auf Monatsbasis zu zahlen. Microsoft erfordert den Abschluss eines Abos über ein Jahr hinweg – mit entsprechender Zahlung des vollen Betrags. Über ein Abo von Microsoft 365 Personal oder Home ist der Copilot auch auf dem Weg verwendbar. Microsoft bewegt sich damit im gehobenen Preissegment. Diese Ausrichtung wird viele dazu bringen, zweimal zu überlegen, ob der Copilot im Unternehmen wirklich notwendig ist. Sie zeigt aber eventuell auch, in welche Richtung sich das Unternehmen KI-technisch noch entwickeln will, und welche Kapazitäten es sich freihält.

 

Fazit

Die Testbedingungen sind zugegebenermaßen nicht besonders fair. Das liegt nicht an unseren Test selbst, sondern am „KI-Klima“, neuen Features und der allgemeinen öffentlichen Erwartungshaltung. Kurz gesagt: Wer von ChatGPT zunächst (zurecht) beeindruckt war, ist heute vermutlich deutlich geerdeter und erkennt demnach, dass Microsoft Copilot auch keine KI-Bäume ausreißt. Der Chat-Assistent ist ein solider Begleiter, der Aufgaben mit überschaubarer Komplexität und klar umgrenzter Analysetiefe ordentlich bewältigen kann. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wir wären technisch ärmer dran ohne ihn. Gemessen an den Standards, an die wir uns aber mittlerweile gewöhnt haben, sowie dem selbstbewussten Marketing-Getöse von Microsoft, war die Erwartungshaltung jedoch deutlich höher.